Samstag, 1. August 2009

Perzeption I

Dies ist ein Wahrnehmungsspielplatz




Dichte Besiedelung, Hunde und die regelmäßige Erneuerung

des Sandes sind hier ausdrücklich gewollt




Aber: Rasendes Verlangen nach dem Messen, Schätzen, Diagnostizieren und

Unterscheiden des Normalen und Anormalen wird etikettiert, umzäunt und ausgebootet




Also: herummatschen, Marterpfahl bestücken und sexperimentieren








Wortflucht


Angespitzt und aufgeritzt


die vornehm-englisch-grüne Oberfläche blitzt


und wartet auf ihren StrichCode




das Blei hält kein Wort

und fließt aus der hölzernen Mi(e)ne

amour fou III

die Synapsenendknöpfchen drücken Tröpfchen
durch den synaptischen Spalt
in die Vorderwelt

Mir liegt nichts an meinem Leben, denn es ist nur in Deinem eben...

Ich will, daß Du überall bist, manche glauben, dass ich ein religiöser Komplex bin, vielschichtig und verborgen
sollst Du in alle Strukturen meines Seins dringen, mich auslöschen,
so bleibe ich für immer angefüllt statt angsterfüllt


Im Tunnel nach Österreich fährt auch die Liebe mit, sie ist immer da, was will sie hier?


Kreativ kommt von Kreatur
ich liebe Dich unendlich
nichts anderes will ich
und wenn ich dabei ums Leben komme
geb ichs auch einfach nur her


ich erkannte mich er erkannte mich ich erkannte ihn und so erkennen wir uns für immer
mehr
vielleicht sagt vieles leichter

vielleicht wird es dann ja eng aber ich habs ganz gern eng auch
wenn Du mich erweiterst ausweiten ausbreiten und doch allein
sein
Ichjedenfalls - mich gab es nie
war nur ein Modell, ein Konzept oder etwas irrlichternd schwebendes
niemals manifestiert


alles ist machbar alles ist sagbar alles um ihn kreisen
Perverspektiven

und

auf einmal scheint alles möglich sich in die Augen sehn
dabei sein wie die Züge entgleisen
in allem sein er in mir
ich in ihm
sehe selbst von hier immer nur ihn


niemals wollte ich etwas so sehr verlieren wie DICH


duplusichminus???




amour fou II

Sei männlich sei weiblich alles rund


untrennbare Einheit und
DUICH

ich bin leider auch gut - ich dachte, es wäre nur Platz für einen Guten bei uns






vorher außer allem
jetzt in mir





das Salz des Lebens einmal geleckt
immer verworfen
jetzt genossen
und nicht mehr verzichten





alles trägt Deinen einen Namen






aufgezehrt und ausgelöscht und entzündet
und wiederwacht und
immernochda







mit dem Fernglas will ich
Dich begucken
Dich bedrucken
und Dich bespucken
mit Possessivpronomen


























amour fou

Das Begehren buchstabieren




will mich aushöhlen in ihn schmiegenundausundwiedereinfüllen ewig darbt der Hunger und fürchtet doch sein Ende




KÄLTEWÄRMESCHMERZ waren nur noch normale Phänomene statt einschneidende Erfahrungen, die den Körper aushöhlten




...ihre Frauen reich und höchster Seelenregungen fähig





und die Sonne benahm sich hervorragend und schenkte mir ein Dauerlächeln, nur unterbrochen durch ein paar kurze Huster..






Dir geht die Luft aus mir nochlangenicht





und





ich bin der Infinitiv, die Form in der sich niemand ausdrückt




ich fühle
du fühlst
er fühlt
wir fühlen
ich habe gefühlt
du hast gefühlt
er hat gefühlt
wir haben gefühlt
ich fühlte
du fühltest
er fühlte
wir fühlten
ich werde fühlen
du wirst fühlen
er wird fühlen
wir werden fühlen






Kann man uns mit dem Beugen von Verben paarweise zusammenbinden?














GeSCHICHTE

Besteht Geschichte nur aus renaissance-ARTigen Damen oder warum schichten sich diese immer auf der Chaiselongue?

Nicht umsonst (nein, natürlich nicht) bedeutet to lay (layer = engl.: Schicht) sich niederlegen. Was also legt sich in der Geschichte nieder?
Die Gemälde, die Plastiken, die Skulpturen - sie alle bezeichnen das, was geschah. Die Gegenwart also, die darniederlag, um endlich vergangen zu werden - oder um sich an ihr zu vergehen?

Das in der Moderne als "Tagesbett" umbenannte Möbel dient erstmals im 17. Jh. als niedriges gepolstertes Liegemöbel für eine Person dem fraglos nur kurzen erquickenden Schlummer. Das erhöhte Kopfende setzt jeder aufkommenden dauerhaften Schlaflust ein unsanftes Ende.

So führen geringer Sitzkomfort sowie ein einheitlicher Sitzbezug, der alle Konstruktionsteile bedeckt, zu einer Versunkenheit, die geradezu ideal ist für psychoanalytische Betrachtungen, ebenso abträglich dagegen allen wirklichen Enthüllungen.

Man liegt dort eben - wie die Chaiselongue - nicht ausgezogen herum. Jedem, den es nach masochistischen Genüssen gelüstet, sei die zweiteilige, gebrochene Chaiselongue naheGELEGT, die es dem BeSITZER unmöglich macht, eine bequeme Haltung einzunehmen und die hysterisches Verhalten drastisch fördert. Bindung zwischen Sitzmöbel und BeSiTZER scheint an dieser Stelle durchaus gefährdet. Außer Kontrolle geratene triebhafte Wünsche und Phantasien und die organische Verschleifung der Formen der Chaiselongue lassen schwer bestimmbare Zwischenstücke entstehen.

Wünscht man sich also die improvisierte ZusammenSITZUNG eher behaglich, ist der BeSESSENE aufgefordert, sein schwerfälliges und zu wenig anpassungsfähiges Innenleben doch bitte einer eleganteren, leichteren und künstlerisch anspruchsvollen Form anzunähern und so Sitzmöbel und BeSITZER zu einer gemeinsamen Weiterentwicklung zu führen.

Oft wird auch nicht beachtet, daß die Chaiselongue - ebenso wie das ICH - ihre Entwicklung von der Bank aus nimmt und - falls sie keine konstruktiven Teile zur dekorativen Ausarbeitung freilässt - im Unbehagen an der Kultur endet.

Das Louis XVI bildet wirklich keine neuen Typen aus. Die monumentale Vereinfachung und Vereinzelung, die das Möbel und die BeSITZER in der Geschichte erfahren, verwischen die letzte Erinnerung an ihre ursprüngliche Kombination und fasst den BeSESSENEN und Ruhebett endgültig als eine Form zusammen.